Hardware Skateboard
Das Skateboard besteht aus vier wesentlichen Teilen, die meist als gesamte ausgetauscht werden, wenn sie zu sehr abgenutzt oder kaputt sind: Deck, Achsen, Rollen und Kugellager.
Deck
Das Deck ist ein siebenfach laminiertes Ahornholzbrett. Die laminierten Bretter werden in Formen gepresst, so dass Nose (vorderes Ende) und Tail (hinteres Ende) entstehen und dann zugeschnitten. Neigung und Länge von Nose und Tail variieren sowie das so genannte Concave, also die Neigung der Seiten der Länge nach. Die Breite und Länge eines Decks variiert ebenfalls und wird in Inch gemessen. Die gängigsten Größen sind von 7,5“ bis 9“. Für das Street-Fahren werden meist flachere Shapes und etwas schmalere Decks verwendet als für das Park-Fahren. Ein breites Deck sorgt für Stabilität und mehr Möglichkeiten den Fuß zu positionieren, dafür ist es in der Luft träger und schwerer, was für Street unvorteilhaft sein kann
Achsen
Achsen bestehen aus einer Baseplate, einem Hanger. Diese wird durch einen Kingpin und darauf liegenden Bushings (Lenkgummies), Unterlegscheiben und einer Mutter zusammengehalten. Nicht zuletzt deswegen hat ein Skateboard dämpfende Eigenschaften, die maßgeblich dazu beitragen können, Impacts zu dämpfen (1) und Belastungen zu reduzieren. Die Breite der Achsen orientiert sich an der Breite des Decks. Die Achsstifte (an denen die Rollen befestigt sind) sollten nicht über die Seite herausragen. Zu schmale Achsen sorgen für einen zu engen Lenkradius und führen zu “Wheelbites“, bei denen die Rolle das Deck berührt und für einen abrupten Stopp führt.
Rollen / Wheels
Rollen/ Wheels bestehen seit ca. 1980 aus Polyurethan, seitdem hat sich an der Zusammensetzung nicht mehr viel geändert. Rollen gibt es mittlerweile in verschiedene Härten, um auf unterschiedlichen Untergründen genutzt zu werden. Auch hier sind die Hauptunterschiede in Größe und Breite, was wiederum subjektive Vorlieben sind. Die Größe reicht von 51mm – 66mm, die Breite variiert ohne Angaben der Hersteller. Die Härte wird mit 10er Zahlen und A oder B angegeben. 80A ist beispielsweise sehr weich, 101A der härteste Härtegrat. Weiche Rollen werden vor allem für Filmer- oder Cruiserboards genutzt, da so ein ruhiges Fahrverhalten gewährleistet ist. Etwas härtere Rollen werden für die Disziplin Park genutzt. Es soll noch genug Reibung vorhanden sein, dass in steilen Kurven die Haftung nicht riskiert wird. Zudem sind weichere und größere Rollen schneller. Harte Rollen werden von Streetfahrer*innen genutzt. Bei einer Landung können so bspw. durch etwas rutschen kleinere Fehler abgefangen und ausgeglichen werden. Zudem rutschen die Rollen bei Tricks an Ledges und Rails ebenfalls mit.
Kugellager / Bearings
Die Kugellager / Bearings befinden sich an der Innenseite der Rolle und bilden das Bindeglied zwischen Rolle und Achse. Kugellager werden aus rostfreiem Stahl oder Ceramic hergestellt und haben meist sieben Kugeln im Innern. Sie sollten möglichst wenig Widerstand beim Rollen bilden und sind somit maßgeblich dafür verantwortlich, wie gut ein Skateboard rollt.
Skateboarding - Disziplinen
Olympische Disziplinen - Street
Die Disziplin Street orientiert sich, wie der Name bereits andeutet, an den Hindernissen, die es auch auf der Straße, also im urbanen Raum, zu finden gibt. Sie ist eine der Olympischen Disziplinen und die wohl am häufigsten ausgeübte Disziplin im Skateboarding. Zu den Hindernissen gehören: Treppen, Geländer, Bänke und deren Kanten, Schrägen, Rampen, Barrieren, Lücken uvm.
Tabelle 1: Skateboard-Obstacles
Obstacle-Bezeichnung | Erklärung |
Stair-Set | Treppen/Stufen |
Rail(s) / Handrail / Bar | Geländer |
Ledge(s) | Bänke/Kanten |
Hubba(s) | Betonierte Treppenstufenbegrenzungen |
Curb(s) / Slappy-Curb | Parkplatzbegrenzungen/ Boardsteinkanten |
Bump | Rampen |
Wobble/Vulcano | abgerundete Wellen aus dem Boden |
Bank(s) | Schrägen |
Gap | Lücken |
In der Street-Disziplin bezieht sich die Schwierigkeit vor allem auf die Kombination unterschiedlicher Tricks, wie bspw. Flip-Tricks + Slide/ Grind. Die Kombinationsmöglichkeiten dieser Disziplin sind schier unendlich, was diese Disziplin zur technisch anspruchsvollsten der Skateboard-Disziplinen macht. Es geht durchaus auch um Schnelligkeit, Höhe und Weite, allerdings können diese Faktoren im Bewertungssystem durch die technisch-kompositorischen Anteile ausgehebelt werden.
Contestformat Street
Das Wettkampf- (bzw. Contest-) Format, das für die Olympischen Spiele in der Disziplin Street angewandt wird, wurde erstmals bei Street League Skateboarding eingesetzt. Das Format besteht aus zwei 45-Sekunden Runs (bei denen auch nach einem Sturz weitergefahren werden darf) und fünf „Best Tricks“, aus denen die besten vier Wertungen das Gesamtergebnis formen. Fünf Judges bewerten die jeweiligen Runs und „Best Tricks“, von denen der höchste und niedrigste Score gestrichen wird und aus den drei mittleren Werten der Durchschnitt errechnet wird. Damals war das Live-Scoring eine Revolution in Skateboard-Contests. Jede Punktzahl wird direkt nach dem Run oder Trick der/ des Fahrer*in bekanntgegeben, so dass zu jedem Zeitpunkt die Platzierungen angezeigt werden können und die noch benötigte Punktzahl für bspw. den ersten Platz oder den Eintritt in das Finale für jede*n Fahrer*in ersichtlich wird. Auf diese Weise steigt zum Ende des Contests meist die Spannung, da oft bis zum letzten Versuch der „Best Tricks“ nicht klar ist, wer der/ die Gewinner*in sein wird.
Für den Olympiazyklus bis Paris 2024 wurde das Contestformat noch einmal überarbeitet. Neu im 2/5/3 System aus zwei Runs und fünf Best-Tricks ist, dass der beste Run-Score gemeinsam mit den zwei höchstbewerteten Best-Tricks gewertet werden muss. Sowohl die Runs als auch die Best-Trick Versuche werden von 1,00 - 100,00 bewertet - maximal sind also 300,00 Punkte möglich. Der Unterschied zum vorigen Zyklus besteht neben der maximal erreichbaren Punktzahl darin, dass auf jeden Fall ein Run mit in die Wetung mit einfließt.
Die Kriterien, nach denen die fünf Judges die Wertung abgeben, finden sich in Abbildung 7. Alle Kriterien werden zwar einzeln betrachtet, aber auch zusammengefasst und führen so zu einer „Overall Impression“. Diese beinhaltet auch das Kriterium „Style“, also die subjektive Wahrnehmung, von der Art und Weise, wie eine Person Skateboard fährt.
Olympische Disziplinen - Park
Die Disziplin Park entstand bereits in den 70er Jahren, als Skateboarder leere Swimmingpools nutzten, um neue Tricks zu entdecken. Heutzutage ähneln die Parcours zwar noch den Swimmingpools, haben aber größere Dimensionen angenommen und beinhalten, neben den essenziellen Rundungen (Transitions) auch Elemente aus dem Streetbereich. Die klassischen Tricks der Halfpipe werden mit modernen Tricks aus Street gemischt. Kraft und Schwung sind bei dieser Disziplin die wichtigsten Komponenten. Die Skateboarder*innen müssen möglichst schnell durch den Park kommen, dabei die Tricks möglichst elegant und flüssig aneinanderreihen. Die ausschlaggebenden Kriterien für eine gute Bewertung sind, neben Höhe der Sprünge, Länge der Tricks auch Stil, Ausführung, Nutzung des Parks, Menge und Schwierigkeit der Tricks sowie die Auswahl der gezeigten Tricks bzw. die Variabilität.
Contestformat Park
Das System in der Disziplin Park ist relativ simpel. In den ersten Runden, also Qualifikation und Viertelfinale, hat jede*r Fahrer*in jeweils zwei Runs à 45. Im Semi-Finale und Finale sind es jeweils drei Runs. Von diesen Runs zählt die beste Wertung für die Platzierung. Fünf Judges beurteilen die einzelnen Runs. Der höchste und niedrigste Score wird gestrichen und aus den restlichen drei Scores der Durchschnitt errechnet. Die Wertungen werden nach jedem Run angezeigt, so dass die Platzierung zu jedem Zeitpunkt ersichtlich wird. So weiß jede*r Fahrer*in, ob sie/er den Run noch verbessern muss und wie viel Abstand zu den vorderen Platzierungen besteht.
Die Kriterien, nach denen die fünf Judges die Wertung abgeben sind in Abbildung 8 zu finden. Stürzt der oder die Fahrer*in während des Runs, kann nicht weitergefahren werden. Nur die bis dahin gestandenen Tricks zählen dann in die Wertung ein. Alle Kriterien werden zwar einzeln betrachtet, aber auch zusammengefasst und führen so zu einer „Overall Impression“. Diese beinhaltet auch das Kriterium „Style“, also die subjektive Wahrnehmung, von der Art und Weise, wie eine Person Skateboard fährt.
Nicht-olympische Disziplinen
Eine Übersicht weiterer Disziplinen im Skateboarding findet sich auf der Website der Sportkommission Skateboard (LINK).
Weltstandsanalyse & Entwicklungstrends
Im Rahmen von Weltstandsanalysen sollen Einflussfaktoren auf sportliche Leistung untersucht werden, um daraus strategische Entscheidungen für Trainingsprozesse und Strukturen abzuleiten (2). Es werden allgemeine internationale Entwicklungstendenzen, unter anderem in der Leistungsentwicklung aufgezeigt, ebenso wie nationale Entwicklungstendenzen.
Sportgeräte wurden in der Sektion zu den Trainingsmitteln bereits beschrieben, das Reglement und Judging-Kriterien werden in den Sektionen zu den olympischen Disziplinen, Contest Formaten und den Basics im Anforderungsprofil erklärt. Im Folgenden wird die aktuelle Nationenwertung der Top 20 der Weltrangliste (basierend auf der Anfang 2022 aktuellen Weltrangliste und bereinigt um die Qualifikationskriterien) einschließlich der Leistungsdichte und Altersstruktur dargestellt. Entwicklungstendenzen über die Zeit fehlen aufgrund der erst kurzen olympischen Geschichte des Skatens noch und werden Gegenstand zukünftiger Analysen sein.
Altersstrukturen
Die Altersstrukturen im olympischen Skateboarding zeichnen sich durch eine große Varianz aus. Die Verteilungen über die Geschlechter und Disziplinen können der Abbildung 9 entnommen werden. Grundsätzlich scheinen die Olympiateilnehmer*innen in der Street-Disziplin älter zu sein als in der Park-Disziplin (siehe Tabelle 2). Diese Analysen beruhen jedoch nur auf ersten Analysen des letzten Olympiazyklus und müssen daher mit Vorsicht interpretiert werden, bis weitere über mehrere Olympiazyklen vorliegen.
Tabelle 2: Höchstleistungsalter Top 20 Weltrangliste
Geschlecht | Disziplin | Höchstleistungsalter Top 20 Weltrangliste (Konfidenzintervall 95%) |
Männlich | Street | 23 – 28 |
| Park | 21 – 26 |
Weiblich | Street | 19 – 25 |
| Park | 17 – 22 |
Weltrangliste (2022) Street
Die Disziplin Street bei den Männern ist von der Leistungsdichte am stärksten besetzt, mit der höchsten durchschnittlichen Punktequote in den Top 20. Dies ist vor allem darin begründet, dass die Disziplin seit langem große Popularität mit entsprechenden Wettkampfformaten erfährt, die teilweise auch als olympische Qualifikationswettbewerbe ausgerichtet werden. Auch hier können wieder gewohnte Topfavoriten, wie die USA, Japan oder Brasilien gefunden werden. Als europäischer Vertreter ist Frankreich die leistungsstärkste Nation.
Unter den gewohnten Nationen Brasilien, Japan und den USA sind bei der Street-Disziplin der Frauen die Niederlande mit drei Skaterinnen ein Leistungsträger aus Europa.
Weltrangliste (2022) Park
In der Disziplin Park der Männer sind die USA und Brasilien klare Favoriten, was Abbildung 1 zeigt. Diese Nationen haben in den vergangenen Jahren das Wettbewerbsgeschehen beherrscht. Ferner schöpfen diese Nationen die maximale Anzahl von 3 Athleten voll aus, finden sich doch in der nicht bereinigten Weltrangliste noch mehr Athleten dieser Nationen. Auffallende Länder sind außerdem Australien und aus europäischer Sicht Schweden und Italien.
In der Disziplin Park der Frauen ist Japan momentan die führende Nation in der Spitze. Nach vereinzelten hochplatzierten Nationen wie Großbritannien, Australien und Finnland, lässt sich wie bei den Männern die Prominenz von den Vereinigten Staaten und Brasilien feststellen. Die positive finnische Platzierung durch Lizzy Armanto lässt sich damit begründen, dass sie die finnische Staatsbürgerschaft besitzt, aber in den USA aufgewachsen ist und dort lebt.
Wettkampf- und Trainingssysteme international
Die hohe Dichte kompetitiv erfolgreicher Skater*innen in den genannten Ländern lässt sich nicht auf eine einzelne bestimmte Ursache zurückführen. Vielmehr ist es ein Zusammenspiel diverser kultureller, klimatischer und infrastruktureller Faktoren.
Generell haben leistungsstarke Nationen eine bessere Infrastruktur im Sinne von Trainingsmöglichkeiten, sprich dass es in diesen Regionen bessere Sportstätten in Form von Skateparks gibt. So werden beispielsweise in Amerika im Rahmen internationaler Contestserien wie der Street League Skateparks gebaut, die danach vor Ort bestehen bleiben. Hier kann einerseits eine breite Masse an die Sportart herangeführt werden, andererseits gibt es ebenfalls genug Skateparks auf dem Niveau internationaler Wettkampfstätten. Ferner haben die USA und Brasilien, aber auch Großbritannien und die Niederlande Indoor-Skateparks und Trainingsstätten für ihre Kader-Athlet*innen errichtet. Somit haben die leistungsstarken Nationen verstärkt die Gelegenheit, als Team gemeinsam zu trainieren. Hinzu kommen in der Regel günstigere klimatische Bedingungen, die teilweise ein ganzjähriges Nutzen der Anlagen erlauben, andererseits sind aber auch zahlreiche, hochqualitative Indoor-Skateparks vorhanden. Des Weiteren sind Länder wie Amerika besonders mit den Ursprüngen der Sportart verwurzelt, und die japanische Szene ist eng mit der amerikanischen Skate-Szene verbunden. In den USA gibt es in einigen Schulen Skateboard-Kursangebote im Rahmen des Schulsports, und in Japan und Schweden gibt es High-Schools, die einen “Skateboard”-Schwerpunkt anbieten. Dort stehen neben dem reinen Fahren noch weitere, für eine Karriere in der Skateszene relevante Inhalte wie Fotografie oder Film und Schnitt auf dem Lehrplan. In Brasilien beispielsweise ist Skateboarding eine der am meisten ausgeübten Sportarten und die sozio-ökonomischen Vorteile einer erfolgreichen Skater*innenkarriere schaffen zusätzliche Motivation – wie die Werdegänge von Skateboard-Größen wie Yndiara Asp, Sandro Dias oder Letícia Bufoni eindrucksvoll zeigen. Nicht zuletzt sei an dieser Stelle auf allgemeine internationale Entwicklungstendenzen in der Professionalisierung der Sportart auf struktureller Ebene hingewiesen, was sich an den großen, professionell und breit aufgestellten Betreuerstäben der einzelnen Nationen zeigt.
Wettkämpfe und Obstacles
Bezüglich Analysen von Entwicklungstrends in Kursdesign, Obstacle-Dimensionen sowie Judging gibt es derzeit noch keine systematischen, flächendeckenden Untersuchungen. Eine langfristige Dokumentation von ausgewählten Veranstaltungen jedes Jahr in Kooperation mit dem Institut für angewandte Trainingswissenschaft soll hier in den nächsten Jahren Abhilfe schaffen, um Entwicklungstrends in Teil- und Komplexleistungen aufzuzeigen und Wettkampfverläufe und Techniken zu analysieren. Eine exemplarische Übersicht der Street-WM 2019 (3) konnte zeigen, dass ein Großteil der Tricks an Rails über Stairsets und einem Curb gezeigt wurden. Im Mittel wurden pro 45s Run 9 Tricks (7 - 11) gezeigt, wovon der Großteil Slides und Grinds waren. Knapp 37% waren „Tricks-In“, nur 4% „Tricks-Out“. 58% der Tricks wurden einzeln ausgeführt (3).
Anforderungsprofil
Im Skaten bilden die verschiedenen „Stances“ auf dem Board zusammen mit (Kombinationen) der verschiedenen Trick-Kategorien die Basis. Die speziellen Anforderungen kompetitiven Skatens ergeben sich aus den Judging-Kriterien. Aus bestehenden und zukünftigen wissenschaftlichen Untersuchungen lassen sich zudem erste Rückschlüsse auf Belastungen während und durch Skaten ziehen und somit körperliche und psychische Anforderungen an Skater*innen mit Leistungssportambitionen ableiten.
Wissenschaftliche Untersuchungen im Skateboarding sind in der Sportwissenschaft noch unterrepräsentiert. Bisher wurden primär Hobbyfahrer*innen und Kinder untersucht. Die Street-Disziplin dominiert in den Untersuchungen, ebenso wie männliche Probanden. Aus diesen Gründen sind die hier angeführten Punkte teilweise Literaturgestützt und teilweise basierend auf Überlegungen und Expertenmeinungen. In den nächsten Jahren werden gezielt Projekte forciert, um die Lücken in der wissenschaftlichen Literatur bezüglich professionellem Park- und Street-Skateboarding von Frauen und Männern zu adressieren.
Aufgrund der hohen kreativen Komponente im Skaten, den verschiedenen Disziplinen und der steten Weiterentwicklung der Stile und Tricks ist ein einheitliches, statisches Anforderungsprofil generell nicht zielführend. Auch daher müssen die Anforderungen regelmäßig untersucht, überprüft und dementsprechend das Profil angepasst werden.
Skate – Basics
Stance
Zunächst einmal sind die verschiedenen Positionen auf dem Board die Ausgangsbasis für weitere Tricks. Hier aufgeführt ist eine Übersicht über die gängigen Stances (4).
Tabelle 3: Skateboard-Stances
Technik | Varianten | Erklärung |
Stance | Regular Goofy | linker Fuß vorne rechter Fuß vorne |
Variationen | Switch | Fahrer*in steht entgegen der „natürlichen“ Grundposition (Regular-Fahrer*in steht mit dem rechten Fuß vorne, also Goofy, und umgekehrt) |
| Fakie
| Fahrer*in steht in Grundposition, schaut & fährt aber „rückwärts“ |
| Nollie | Fahrer*in steht in Grundposition, aber auf der Nose des Boards – Tricks werden also über die Nose gepoppt |
Für Nachwuchsfahrer*innen kann es von Vorteil sein, gleich zu Beginn ein möglichst breites Repertoire an Stances sicher zu beherrschen. Einerseits für ein fortgeschrittenes Boardgefühl, andererseits um eine Grundlage für eine langfristige Progression immer neuer Trickvarianten zu legen.
Tricks
Weiterhin setzen sich Tricks meist aus Kombinationen der hier in Anlehnung an das Judge-Manual (4) angegebenen Bewegungsformen zusammen.
Tabelle 4: Skateboard-Tricks
Element | Beschreibung |
Sprünge/ Sprunglandungen | Einleiten/ Beenden/ Abfangen von Tricks |
Rotationen | Rotation des Körpers um verschiedene Körperachsen, oft in Kombination mit anderen Tricks |
Flips/ Shuv-its | Rotation des Boards um die Längs-/ Breitenachse, eingeleitet durch Impulse über Körper/ Bein/ Fuß/ Hand etc. |
Grinds/ Slides | Balancieren und Entlanggleiten auf den Achsen/ der Unterseite des Skateboarddecks (oft auf Geländern/ Kanten) |
Manuals | Balancieren auf den Rollen der Vorder-/ Hinterachse während Fortbewegung |
Airs/ Grabs | Verschiedene Körperpositionen in der Luft, kombiniert mit Greifen des Boards an verschiedenen Stellen |
Plants/ Stalls | Balancieren – ohne Entlanggleiten – auf der Achse, der Unterseite des Skateboards oder auch auf einem Bein/ im Handstand |
Fortbewegung | Street (Pushen): Abstoßen über das hintere Bein mit leichter Beugung/ Streckung des Vorderbeins Park/ Vert (Pumpen): Beine werden vor Beginn einer Quarterpipe/ Corner/ Bodenwelle etc. leicht gebeugt und dann zur Schwungaufnahme dynamisch gestreckt |
Judging
Spricht man über kompetitives Skaten, ist eine Betrachtung der aktuell für die Bewertung entscheidenden Kriterien notwendig. Die hier in Anlehnung an das Judge-Manual (4) dargestellten Kriterien, deren Wichtigkeit und Abhängigkeiten geben erste Hinweise für Ziele und Inhalte systematischen Trainings. Im Rahmen von Contestanalysen werden in Zukunft besagte Kriterien detaillierter untersucht und auf Trends in den Bewertungen hin überprüft, um so progressives Skaten konkret zu unterstützen. Das ermöglicht eine zielgerichtete Ausrichtung von Skatesessions.
Tabelle 5: Judging-Kriterien
Kriterium | Wichtigkeit | Hängt ab von | Erklärung |
Schwierigkeit | 1 | Ausgeführte Tricks |
|
|
| Genutzte Orte/ Obstacles |
|
Ausführung | 2 | Qualität |
|
|
| Style | - Flüssigkeit - Energie - Aggression - Ästhetik - Geschwindigkeit - Höhe - Weite - Qualität Landung |
Nutzung Parcours | 3 | Vielfalt der Tricks | Mehr Tricks =/= mehr Punkte |
|
| Wahl & Abwechslung Obstacles |
|
|
| Flow (für Runs) |
|
Beständigkeit | 4 | Beständigkeit (für Runs) | „Stay on run“ |
Erste abgeleitete Ziele für systematisches, progressives[1] Skaten sind eine stetige Erhöhung in der Schwierigkeit der zu erlernenden Tricks, eine kontinuierliche Erweiterung des Trickrepertoires und das Anwenden an möglichst vielen und schwierigen Hindernissen. Eine besondere Wichtigkeit kommt der Verbesserung des persönlichen Styles zu. Höhere Tricks und schnellere Geschwindigkeit sind einzelne Bausteine dieser individuellen Komponente, eigene Nuancen und Merkmale werden aber von jeder/m Skater*in über die Dauer der persönlichen Skate-Historie herausgebildet.
[1] Skaten mit dem Antrieb, besser zu werden, neue Tricks & Obstacles zu stehen und persönliche Ziele zu erreichen
Physische und psychische Anforderungen
Physisch
Betrachtet man das kompetitive Skaten aus motorischer Sicht, so wird schnell klar, dass es ein abgestimmtes Verhältnis aus Koordination, Technik, Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer und Beweglichkeit braucht, um den facettenreichen Anforderungen des Judgings gerecht zu werden. Zugleich müssen die einzelnen motorischen Grundeigenschaften nach Wichtigkeit sortiert werden, um die besonders herausstechenden gezielt in Skatesessions und begleitendem Athletiktraining optimieren zu können.
Psychisch
Es gibt psychologische Anforderungen, die jede Sportart an den/die einzelne/n Athleten*in stellt. Dazu gehört die Fähigkeit, sich Ziele zu setzen und deren Erreichen beharrlich zu verfolgen, auch wenn sich Widerstände auftun (Volition); der Umgang mit Rückschlägen und Niederlagen wie innerhalb eines Contests (z.B. Stürze im Run) und das Verpassen von Zielen (z.B. verpasste Platzierung, Nicht-Nominierung für einen Kader etc.). Spitzensportler*innen müssen mit Druck umgehen, sich selbst emotional und ihre Anspannung regulieren, sowie sich gut fokussieren können. Intrinsische Motivation und das aktive Ansteuern ihrer Motive gehören ebenso dazu wie die Bereitschaft, an ihre physischen und mentalen Grenzen zu gehen. Aus diesen Überlegungen heraus stellt sich nun die Frage, was die spezifischen psychischen Anforderungen im Skateboarding sind.
Die Trainingsstrukturen im Skateboarding sind dadurch gekennzeichnet, dass der sportliche Fertigkeitserwerb zum Großteil im Bereich des informellen Lernens und Trainings stattfindet. So werden die verschiedenen Techniken meist auf eigenständige Weise oder im Austausch mit anderen Skater*innen geübt und durch vielfache Wiederholung automatisiert. Die Obstacles, die bei fortgeschrittenen Techniken genutzt werden, sind der Umwelt, oft im urbanen Setting, entnommen (z. B. Treppen, Treppengeländer) oder werden in Skateparks nachgebildet befahren. Auch im Wettkampfsport erfolgt das Training zu großen Teilen informell, ergänzt um Skate-Trips mit Trainer*innenpersonal zu größeren Skateparks. Die psychologischen Anforderungen an die Skater*innen ergeben sich zum einen somit aus den Eigenheiten des Trainings, zum anderen auch aus den Herausforderungen bei der Anpassung an die neuen sportlichen Strukturen (Training, Trainingsplanung etc.). Hinzu kommen hierbei noch die Contest-spezifischen Anforderungen, bei denen die erlernten Techniken in diversen 45s Runs (Street & Park), beziehungsweise einzelnen „Best-Trick“ Versuchen (in der Street-Disziplin), an den gegebenen Obstacles, nacheinander möglichst fehlerfrei und nahtlos aneinandergeknüpft vorgeführt werden müssen.
Physisch - Technik & Koordination
Hintergründe
An erster Stelle sind hier die skatespezifische Technik und Koordination aufzuführen. Die zugrunde liegenden Hintergründe und Mechanismen effektiver und effizienter Bewegungsausführungen beinhalten ein Zusammenspiel diverser biologischer und biomechanischer Systeme sowie die Grundlagen des motorischen Lernens.
Bisherige Erkenntnisse
Ein paar erste Untersuchungen wurden im Skaten bereits gemacht: Ein perfekt abgestimmtes, effizientes Zusammenspiel der Muskulatur ist die Grundlage für elementare Bewegungen mit dem Board (5), und auch in hohem Maße Trick- und Stance-spezifisch (6). Nicht zuletzt aufgrund der instabilen Oberfläche, die ein Skateboard durch die Bushings (Lenkgummis, siehe Hardware Skateboard) darstellt, ist Balance elementar (7). Skaten stellt einen permanenten Input an Reizen dar, die verarbeitet und auf die reagiert werden muss. Diese Reize sind in der Regel taktil (bspw. Füße auf Board), akustisch (bspw. surren der Wheels) oder visuell/ optisch (bspw. Sehen des Obstacles), beziehen aber auch „internes“ Feedback des Körpers über seine Bewegungen (kinästhetisch). Erfahrene Skater*innen beziehen neben optischen auch akustische Reize in ihre Reaktionen mit ein (5).
Ableitungen für das Training
Besonders in der frühen Ausbildung motorischer Fertigkeiten kann es von Vorteil sein, viele verschiedene Sportarten, wie beispielsweise verwandte Brettsportarten (Snowboarden, Surfen, Wakeboarden…) und diverse akrobatische Bewegungsformen (Parkour, Trampolin, Turnen, Slacklinen…) auszuüben (8,9,10,11). „Skaten kommt von skaten“, und so wird es mit höherem eigenem Level zunehmend wichtiger auf dieses Gerüst allgemeiner Bewegungserfahrung aufzubauen. Körperliche Anpassungen an Belastungen geschehen spezifisch (Übungsoberfläche, Bewegungsrichtung & -geschwindigkeit, Aufmerksamkeitsfokus & Blickrichtung, Ermüdung bis hin zu Aufregung, subjektivem Druck und kognitiver Herausforderung). Daher sind Skate-spezifische Techniken in möglichst variablen Situationen (verschiedene Stances, Obstacles, Skatespots etc.) der wichtigste Kernbaustein im Ausbilden skatespezifischer Technik und Koordination, gemeinsam mit spezifischer Fallschule. An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass durch Kraft- und Schnellkrafttraining die Balance ebenfalls verbessert werden kann (12,13).
Physisch - Schnelligkeit
Hintergründe
Die Schnelligkeit als solche ist komplex, lässt sich aber für Skaten grob in Reaktionsschnelligkeit (Reaktion auf Reiz in kürzest möglicher Zeit, mit oder ohne Auswahlreaktion (14)) und Bewegungsschnelligkeit (sportliche Aktion situationsabhängig in adäquater Zeit ausreichend effizient durchführen (15)) aufteilen. Dabei benötigen die meisten Aktionen im Skaten bestimmte Bewegungen als Reaktion auf bestimmte Reize. Die Bewegungen resultieren dann aus der Feinabstimmung von Gelenkbewegungen und Muskelsynergien.
Bisherige Erkenntnisse
Ein Beispiel: Ein/e Skater*in rollt auf ein Obstacle zu. Dabei wird er/ sie die Absprungkante im Blick behalten (16), um im optimalen Zeitpunkt den Absprung einzuleiten. Hier ist ein schnelles, effizientes (17) und optimales (vgl. Höhe des Obstacles!) Schwung holen sowie eine hohe und optimale Kraftproduktion (1,18,19) innerhalb weniger hundert Millisekunden nötig, um die bestmögliche Ausgangsposition für den Trick am Obstacle zu haben. Wenn das Board das Obstacle berührt, bspw. das Tail bei einem Tailslide muss der/die Skater*in binnen ~100ms (Verarbeitungszeit taktiler Reize (20)) reflexartig seine Bewegungen vom Sprung auf das Obstacle nun zur Balance des Slides anpassen. Es ist davon auszugehen, dass Muskelaktionen zudem in hohem Maße Trickspezifisch sind (6).
Ableitungen für das Training
Die Reaktions- und Bewegungsschnelligkeit ist also in hohem Maße Skate-spezifisch und auch primär so zu trainieren. Ähnlich wie für das Training der Koordination und Technik bedeutet das, skate-spezifische Techniken in möglichst variablen Situationen (verschiedene Stances, Obstacles, Untergründe, Skatespots etc.) anzuwenden, gemeinsam mit spezifischer Fallschule.
Physisch - Kraft
Hintergründe
Der Kraft also „Hauptfaktor für die Erzeugung einer effektiven und effizienten Bewegung des Körpers oder eines externen Objekts“ (15) kommt im Skaten ebenfalls eine bedeutende Rolle zu – zum Abspringen und Landen von Tricks und Bails.
Bisherige Erkenntnisse
So muss für den Absprung beim Ollie bereits über das zwei-fache Körpergewicht aufgebracht werden (19,21,22). Eine höhere Bein-Maximalkraft und Power (Kraft x Geschwindigkeit) scheinen daher bei erfahrenen Skatern auch mit höheren Ollies einherzugehen (23). Wesentlich höhere Kräfte müssen bei Landungen abgefangen werden. Je nach Höhe und Trick wirkt das fünf- bis acht-fache Körpergewicht auf den/ die Fahrer*in (19,21,22). Die absoluten Spitzen wirken jedoch bei Bails – Kräfte um das 12-fache Körpergewicht wurden bei Bails gemessen (1). Untersuchungen der Kraft-Zeit-Verläufe verschiedenster Skateboard-Tricks und -techniken stehen noch aus. Es lässt sich bisher nur sagen, dass Flat-Tricks hier Countermovement-Jumps (Hock-Streck-Sprüngen) ähneln, sich also durch schnelle Kraftentwicklung (~300 – 400ms) nach Vordehnung der beteiligten Muskulatur auszeichnen (17,18,19). Beim Landen müssen die wirkenden Kräfte in unter 250ms abgefangen werden, ein Großteil davon in unter 100ms (1,19).
Ableitungen für das Training
Demnach nimmt Krafttraining auch aus präventiver Sicht eine besondere Stellung ein, zur Kräftigung von Muskulatur, Sehnen und Bändern sowie Knochen und Gelenken (24,25). Ein hohes Maß an Maximalkraft (relativ zum Körpergewicht) für die Muskulatur der unteren Extremität (Sprunggelenk, Knie-/ Hüftbeuger & -strecker) über ein größtmögliches Bewegungsausmaß stellt zusätzlich eine grundlegende Leistungsvoraussetzung im Skaten dar; Denn darauf lässt sich (multidirektional) Schnell- und Reaktivkraft aufbauen, die für Sprünge und Landungen sowie Verletzungsprävention gebraucht wird. Hebe- und Beugeübungen (beid- und einbeinig) mit Gewichten eignen sich für den Aufbau der Maximalkraft, Sprünge für die Entwicklung von Schnell- & Reaktivkraft. Die Rumpfmuskulatur ist an Kraftübertragung in Absprung, Landung und bei Rotationen beteiligt (26) – Hebe- und Beugeübungen, (Medizinball-) Würfe und Rotationsübungen (bspw. am Kabelzug) eignen sich hier im Training (27). Für die obere Extremität ist ein intensives Krafttraining mit schweren Gewichten aus präventiver Sicht sinnvoll, um Muskulatur, Knochen und Gelenke sowie Sehnen und Bänder auf harte Impacts vorzubereiten – hier bieten sich sowohl vertikale Zug- (bspw. Klimmzüge) und Druck-Übungen (bspw. Schulterdrücken) als auch horizontale Zug- (bspw. Rudern mit Gewicht) und Druckübungen (bspw. Liegestütze oder Bankdrücken) an.
Exkurs: Krafttraining im Kindes- & Jugendalter
Zum Kraft- und Konditionstraining im Kindesalter muss angemerkt werden, dass gängige Mythen nicht haltbar sind. Weder begrenzt es das Wachstum, noch ist es gefährlicher als andere Sportarten. Auch zeigt sich, dass es effektiv ist, um konditionellen Fertigkeiten und Körperzusammensetzung positiv zu beeinflussen (8,11,15,28 - 37). Reines Training mit dem eigenen Körpergewicht hat den Nachteil, dass es nicht einfach degressiv verändert werden kann, wenn eine bestimmte Übung noch zu schwer ist, oder progressiv angepasst werden kann, wenn eine Übung zu leicht wird. Kindgerechte Geräte (wenn Hebelarme an Kinder angepasst und kleine Gewichtssteigerungen möglich sind) und freie Gewichte (unter der Voraussetzung sauberer Bewegungsausführung) liefern diese Möglichkeiten. Selbstverständlich sollte vorher die fundamentale Kontrolle über den eigenen Körper erlernt werden (38). Praktisch sollte Kraft- und Konditionstraining wie folgt durchgeführt werden (30,39):
Von qualifiziertem Personal, das Instruieren und Aufsicht übernehmen kann
- In einer sicheren Umgebung frei von Risiken
- In jeder Session auf individuelle Bedürfnisse und Bedenken eingehen
- Sensible Progression des Trainings aufbauend auf Bedürfnissen, Zielen und Kompetenzen
- Individuelles Trainingstagebuch führen, um Fortschritt aufzuzeichnen
- Programm abwechslungsreich und herausfordernd gestalten durch systematisches Variieren, um gesunde Ernährung, Hydrierung und Schlaf ergänzen
- Support von Betreuern und Eltern hilft, Interesse hochzuhalten
Tabelle 6: Belastungsnormative für Athletiktraining im Nachwuchsleistungssport
| Aufwärmen | Kraft-Übungen | Schnellkraft-Übungen | Cool-Down |
|
| verschiedene für: Oberkörper Unterkörper Rumpf unteren Rücken | verschiedene für: Oberkörper Unterkörper | Leichtere Eigengewichts- & Stretching- Übungen |
Sätze |
| 1 – 3 | 1 – 3 |
|
Wiederholungen | 5-10min dynamisch | 6 – 15 | 3 – 6 |
|
- Beginnen mit leichten Widerständen, Fokus auf Bewegungsausführung, Graduelle Erhöhung der Widerstände (5 – 10%), wenn Kraft zunimmt
- Zu Beginn 2 – 3x pro Woche an nicht-aufeinander folgenden Tagen
Am effektivsten (wenn progressiv vorbereitet, siehe Tabelle 6): 5 Sätze * 6-8 Wiederholungen bei 80-89% des Ein-Wiederholungs-Maximums (nicht austesten!), 3-4min Pause (>23 Wochen für nachhaltige Effekte!)
Praktische Tipps: Wie führe ich das Langhanteltraining bei Kindern ein?
Physisch - Ausdauer
Hintergründe
Die Rolle der Ausdauer als Fähigkeit „einer Belastung über einen möglichst langen Zeitraum ohne Leistungsverlust zu widerstehen“ (15) ist im Skaten bisher nur spärlich untersucht.
Bisherige Erkenntnisse
Skateboarding scheint geeignet, um Ausdauer zu trainieren, Energieverbrauch zu steigern und körperliche Aktivitätsziele aufbauend auf Empfehlungen von Gesundheitsorganisationen zu erreichen (40,41,42,43). Auch wenn diese Ergebnisse den gesundheitsförderlichen Aspekt von Skaten unterstreichen, liefern diese Untersuchungen nur wenige Informationen für das leistungsorientierte Skaten.
Erfahrungswissen
Training:
Die oben genannten Eigenschaften des Skatens unterstreichen gleichermaßen die Notwendigkeit einer guten Grundlagenausdauer, um mehrstündige Trainingssessions zu bestreiten wie die Möglichkeit, diese auf dem Skateboard zu trainieren.
Contest:
Basierend auf der Charakteristik der olympischen Formate lassen sich erste Rückschlüsse auf Anforderungen an die Ausdauer ziehen.
Durch den Wechsel aus Schwung holen bzw. Pushen (anschieben), Sprüngen, Landungen und Richtungswechseln durch Tricks wird besonders die spezifische Ausdauer gefordert. Für Sprünge und Tricks ist dabei besonders die sogenannte anaerobe-alaktazide Energiebereitstellung entscheidend, während eines einzelnen 45s Runs die anaerob laktazide Energiebereitstellung, und zwischen den einzelnen Runs das oxidative System zur Regeneration. Zwar sind die entsprechenden Systeme hauptverantwortlich an der Energiebereitstellung beteiligt, die Aktionen (einzelne Tricks bzw. Runs) haben im Gegensatz zu anderen Sportarten aber nicht das maximale Ausbelasten des jeweiligen Systems zum Ziel.
Eine erste Contestanalyse zeigte, dass in der Disziplin Street neun Tricks pro Run bei den Männern gezeigt wurden (3). Dies legt die Vermutung nahe, dass hier die anaerob-alaktazide Energiebereitstellung dominiert.
Entsprechende Untersuchungen in der Disziplin Park stehen noch aus. Das kontinuierlichere Fortbewegen und Arbeiten mit Schwung legen zumindest die Vermutung nahe, dass hier die glykolytische Energiebereitstellung dominiert.
Ableitungen für das Training
Ein skatespezifisches Ausdauertraining für die Disziplin Park könnte aus kontinuierlichem oder intervallförmigem Skaten verschiedener Dauer in Pumptracks, Bowls und „Parks“ bestehen. Die spezifische Ausdauerkomponente in der Street-Disziplin bezieht sich durch wiederholte Sprungfähigkeit eher auf azyklische Schnelligkeitsausdauer bzw. Schnellkraftausdauer. Sprungserien mit und ohne Board eignen sich hier wohl am ehesten zum Training der gefragten Energiebereitstellungssysteme.
Physisch - Beweglichkeit
Hintergründe
Beweglichkeit als solche wird meist als maximale „Range of motion“ in einem oder mehreren Gelenken (44) oder als aktiver Bewegungsumfang innerhalb dieser „Range of motion“ (45) definiert (15). Mobilität als separater Begriff wurde als „Grad der Leichtigkeit […], die vorhandene passive Range of Motion während dynamischer Bewegungen zu erreichen“ definiert (15). Kritisch anzumerken ist, dass Beweglichkeit als solche meist statisch gemessen wird, sportliche Aktivitäten (wie Ollies/ Airs, Tricks, pushen) jedoch ein hohes Bewegungsausmaß (46) aber dynamisch zusammen mit hoher Kraft- und/ oder Geschwindigkeitsproduktion (1,18,19,21,22,47) erreichen (15). Daher muss Beweglichkeit im Zusammenhang mit effizienter und effektiver Bewegungsausführung im Skaten gemeinsam mit allen anderen motorischen Grundeigenschaften betrachtet werden (15).
Bisherige Erkenntnisse
Unterschiede in der Sprunggelenksbeweglichkeit zwischen professionellen und Amateur-Skater*innen unterstreichen, dass es vermutlich einen sportspezifischen optimalen Bereich an Beweglichkeit gibt, der für die Ausführung diverser Tricks notwendig ist (7,15). Zu viel oder zu wenig könnte die Verletzungswahrscheinlichkeit erhöhen, darf aber nicht isoliert als Risikofaktor betrachtet werden. Am Ende muss für jede/n Skater*in individuell entschieden werden, ob die Beweglichkeit eine bestimmte Bewegungsausführung limitiert oder die Koordination (15).
Ableitungen für das Training
Warm-Up:
Es kann von Vorteil sein, durch ein mobilisierendes Aufwärmen vor der Skate-Session ein größeres spezifisches Bewegungsausmaß während der Session zu erreichen. Dabei sind statisches Stretchen (< 60s) oder Techniken aus der PNF (propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation) in Kombination mit „aktivierenden“ Aktivitäten danach (bspw. Sprünge) am besten für ein Warm-Up geeignet (48,49).
Regeneration:
Schnellere Regeneration im Sinne von akuten Leistungssteigerungen durch Dehnen nach Trainingsbelastungen sind nicht zu erwarten. Wenn es um die Reduzierung von Muskelschmerzen geht, ist es anderen Methoden (aktive Erholung, Kaltwasser, Massage) weder über- noch unterlegen. Da es aber auch keine negativen Effekte nach sich zieht, kann es durch akut Muskelschmerz-lindernde und entspannende Wirkung eingesetzt werden – allerdings direkt nach dem Training bzw. Wettkampf nur sanft und in angemessenem Bewegungsumfang. Bei Muskelkater ist von Dehnen eher abzuraten (50).
Explizites Beweglichkeitstraining:
Um explizit die Beweglichkeit langfristig zu verbessern, ist Stretching grundsätzlich geeignet (48,51) – primär via Zunahme der Dehntoleranz. Auf körperlich-struktureller Ebene lassen sich mit sehr hohen Umfängen (bspw. Dehnungen von 450s) Veränderungen erreichen (52). Schaumstoffrollen bzw. sogenannte Faszienrollen (siehe Exkurs – Faszienrollen & Co) zeigen keine länger anhaltenden Effekte auf die Beweglichkeit (53). Tatsächlich ist Krafttraining ebenfalls geeignet, um die Beweglichkeit langfristig zu verbessern, vermutlich in ähnlichem Ausmaß wie Stretching (54).
Exkurs – Faszienrollen & Co
An dieser Stelle sei bezüglich Faszienrollen erwähnt, dass die vermeintlichen physiologischen Hintergründe wissenschaftlich nicht haltbar sind (15,55), Effekte möglicherweise auf Placeboeffekten beruhen und dass alle Gewebearten durch deren Anwendung hohe, möglicherweise schädliche Kompression erfahren (15,56). Sie können als ein Tool von vielen genutzt werden, um kurzfristig Beweglichkeit zu steigern und eventuell, um subjektiv wahrgenommene Schmerzen zu reduzieren, ohne anderen Methoden (Stretching) überlegen zu sein (53,57,58,59). Die erzielten Effekte sind eher klein, und außer auf die akute Beweglichkeit bzw. subjektiv wahrgenommene Muskelschmerzen nach Training, vernachlässigbar (60).
Allgemeine Trainings-Prinzipien & „Progressive Skate Principles“
Einem systematischen Training liegen einige allgemeine Prinzipien zugrunde. Diese werden in Abbildung 16 (in Anlehnung an Bant et al. (2018)) dargestellt und kurz erklärt.
- Trainingswirksame Reize: Beanspruchung muss hoch genug sein, um eine Wirkung zu erzielen; d.h. Skate- und Athletiksessions sollten in Intensität und Umfang der individuellen Leistungsfähigkeit angepasst werden.
- Kontinuität: Zum Erhalt und Ausbau der Leistungsfähigkeit ist regelmäßiges Skaten bzw. Training nötig!
- Progression und Sättigung: Ein Trainingsreiz zieht eine körperliche Anpassung nach sich – das macht eine Steigerung der Intensität und Dauer, sowie eine Variation der Inhalte von Sessions und Trainings nach einigen Wochen nötig.
- Individualität: Jeder Mensch ist anders – daher ist es nötig, für den/ die Athlet*in individuell wirksame und zweckmäßige Reize zu ergründen und anzuwenden.
- Spezifität: Die körperlichen Strukturen und Organe, die trainiert werden sollen, müssen bestimmt und die entsprechenden Trainingsmethoden, -inhalte und -übungen ausgewählt und angewandt werden.
- Wechsel von Belastung und Erholung: Um Unter- oder Überforderung zu vermeiden, sollten Training auf und neben dem Board sowie Erholung (z.B. ausreichend Schlaf, gesunde Ernährung) optimal aufeinanderfolgen.
Neben den allgemeinen Trainingsprinzipien lassen sich aus den vorangegangenen Punkten auch „Trainings-" Prinzipien für progressives Skaten ableiten (siehe Abb. 17).
Psychisch - Motivation & Volition
Sowohl durch die kulturellen als auch die strukturellen Einflüsse im Skateboarding sind sportliche Handlungen der Athletinnen und Athleten größtenteils dem Eigenantrieb zuzuschreiben. Dieser wird begünstigt durch Spaß am Skaten, finanzieller Entlohnung und Gruppenverhalten. Eine strukturierte Ausübung der sportlichen Tätigkeit, ist für die große Mehrheit noch eine Neuheit und damit auch die vielzähligen neuartigen Anforderungen, die der Leistungssport in organisatorischer, kultureller aber auch teilweise finanzieller Hinsicht mit sich bringt. Die neu eingeführten leistungssportlichen Strukturen verlangen ebenfalls eine Bereitschaft zur Planung und Durchführung verschiedener Trainings- und Wettkampfmaßnahmen, sowie das Einhalten von Antidopingbestimmungen. Diese Ansprüche stellen ein vergrößertes Maß an motivationalen Anforderungen im Bereich der sportlichen Zielsetzungen, sowie bei der Durchführung der nötigen Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen, dar. Grundlegend hierfür steht eine Akzeptanz des Leistungssports. Im Contest ist es in anderen Situationen von Nöten die entsprechende Motivation aufzubringen. Hier steht diese im Zusammenhang mit der Einschätzung der eigenen Fähigkeiten im Vergleich zur Konkurrenz und dem Umgang mit Misserfolg. Beide sind Faktoren, welche die Leistung, die die Athletinnen und Athleten zu mobilisieren vermögen, beeinflussen könnten.
Psychisch - Emotion
Wie schon zuvor angesprochen, werden im Training zur Automatisierung die skatesportspezifischen Techniken extensiv wiederholt. Vor allem in den anfänglichen Stadien der Aneignung der Technik ist das Training von vielen Misserfolgen geprägt. Das ständige Probieren und Scheitern ist ein frustrierender Prozess, mit dem die Skaterinnen und Skater umgehen müssen. Dies ist im Contest ähnlich. Ein 45s Contest-Run enthält eine Vielzahl von technisch anspruchsvollen Bewegungsabläufen und Tricks. Diese müssen, um eine hohe Punktzahl zu erreichen, möglichst fehlerfrei hintereinander absolviert werden. Da auch mit steigender Schwierigkeit der Tricks die Punktevergabe ansteigt, ist es von äußerster Wichtigkeit, dass die Skater*innen mit einem Fehler in einem Contestrun umgehen und sich unbefangen dem nächsten Versuch widmen können, da es eine hohe Punktzahl oft verlangt, die Schwierigkeit der Tricks entsprechend hoch anzusetzen. Um allgemeine Fehler, ob im Training oder Contest, zu vermeiden, ist es essenziell die eigenen Gefühle und Gedanken regulieren zu können und die Konzentration voll und ganz auf den Moment zu fixieren. Störfaktoren müssen ausgegrenzt werden, um sich voll auf die nächsten Bewegungsabläufe fokussieren zu können. Diese können zahlreich sein und aus verschiedenen Bereichen kommen (Umwelt, persönliche Probleme, Material), Eine gut ausgeprägte emotionale Kontrolle und Konzentrationsfähigkeit ist also leistungsbestimmend, nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Contest mit Zeit- und Leistungsdruck. Als weiteren verwandten Aspekt ist auch eine starke Konkurrenzsituation als emotionalen Störfaktor zu nennen.
Psychisch - Körperliche Gefahren und Verletzungen
Da das Skateboard als Sportgerät einen instabilen Untergrund bietet, sind die Manöver, die darauf ausgeführt werden, nicht ohne Risiken. Speziell bei Sprüngen und Airs ist das Landen auf dem Board mit der Gefahr verbunden weg/- auszurutschen, umzuknicken oder allgemein zu stürzen. Die Gefahr erhöht sich dementsprechend, wenn dies an den zuvor erwähnten Obstacles in der Stadt oder in Skateparks geschieht. Skateboardfahrer*innen haben dadurch sowohl mit den körperlichen Konsequenzen der Ausführung der Sportart zu kämpfen, sowie mit der damit verbundenen psychischen Beanspruchung der Rehabilitation und der Wiederaufnahme des Skatens. In diesem Zusammenhang ist auch das Commitment, einen bestimmten Trick unbedingt können bzw. stehen zu wollen ebenfalls zu nennen.
Psychisch - Kognition
Lernen von Tricks
Ein vielfältiges Repertoire an variabel verfügbaren Tricks ist eine Grundlage für herausragende Leistungen im Contest. Erste Wettkampfanalysen belegen eindrucksvoll die Vielfalt und den hohen Individualisierungsgrad der Tricks. Allgemein gilt, dass beim Lernen von neuen Tricks motorisches und mentales Lernen eng miteinander verbunden und wechselseitig verknüpft sind (Schnabel, Krug & Panzer, 2007).
Dabei ist die Organisation von Kognitionen beim motorischen Lernen, wie auch im sportlichen Wettkampf, vielfach der Schlüssel zum Erfolg. Doch was ist Kognition? Allgemein ist es ein Sammelbegriff für alle bewussten und unbewussten mentalen Prozesse. Dazu zählen die menschliche Wahrnehmung, das Denken und das Treffen von Entscheidungen, also komplexe mentale Prozesse der Informationsaufnahme, -verarbeitung und -speicherung.
Kognitionen spielen beim Skateboarding insbesondere beim Erlenen von neuen Tricks eine besondere Rolle (Erhorn et al., 2022, Friedrich, 2004). Für das Erlernen ist eine mentale Bezugsgröße, die sogenannte Bewegungsvorstellung bedeutsam. Sie bildet die Grundlage dafür, dass bewusst die Bewegung reguliert werden kann (z.B. Anpassung an die situativen Gegebenheiten - unterschiedliche hohe Curbs) und dass über die Bewegungsausführung reflektiert werden kann (z.B. wie kann ich meinen Trick noch stylischer machen?)
Der Aufbau einer Bewegungsvorstellung gelingt erst durch bewusste Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung. Hier ein paar Tipps, wenn Du einen neuen Trick Erlernen möchtest:
- Bevor Du an einen neuen Trick ranmachst, solltest du dich mental auf den Trick vorbereiten. Hier hilft es zum Beispiel, wenn Du dich mithilfe eines Videos in die neue Bewegung reindenkst und dir eine erste Bewegungsvorstellung aufbaust. Stell dich dabei selbst in einer bestimmten Situation vor.
- Baue auf deinen Bewegungserfahrungen auf und führe dir deine Bewegungsabläufe vor das geistige Auge.
- Wiederhole beim Üben nicht gedankenlos den Trick, sondern überlege dir gezielt, ob du am Bewegungsablauf etwas ändern solltest.
- Mache dir deine eigenen Wahrnehmungen bewusst. Dabei hilft es, wenn deine Bewegung mit Worten beschreibst und mit jemanden darüber zu reden, der den Trick schon beherrscht. Vielleicht entdeckt ihr gemeinsame Knotenpunkte der Bewegung? Sprache wirkt nämlich orientierend, aufmerksamkeitslenkend und strukturiert eure Bewegungsvorstellung.
Willst Du einen Trick stabilisieren (on lock), kann dir auch mentales Training weiterhelfen (z.B. mentales Wiederholen des Bewegungsablaufes in verschiedenen fixtiven Situationen). Hierfür wende dich an einen Experten, der dir dabei weiterhelfen wird.
Belastungsprofil
Entgegen der weitläufigen Meinung, dass Skaten besonders gefährlich sei, schneidet es in Verletzungsstatistiken schwerer Verletzungen besser ab als andere, weiter verbreitete Sportarten (61,62). So wurden in den USA 1998 Verletzungsraten von 9 Verletzungen pro 1000 Skater*innen verzeichnet, weniger als die Hälfte von Basketball und Fußball (21 Verletzungen pro 1000 Spieler*innen), und weniger als Biken und Snowboarden (11 Verletzungen pro 1000 Fahrer*innen) (61,62). Um das Jahr 2000 wurde in Deutschland eine Statistik von einer Verletzung pro Skater und 1000h skaten verzeichnet (63). 2008 lag die Verletzungsrate (aufgezeichnet in den USA) bei 1,6 pro 1000 Skater*innen, wobei Jungs mehr betroffen waren als Mädchen (~3,2 zu 0,4) (64). In Spanien wurden 2015 aus rückblickenden Umfragen Verletzungsraten von 0,55 Verletzungen pro 1000h Skaten berechnet, ebenso wie ein Verletzungsrisiko von 0,31 (sprich pro 3 befragten Skater*innen war eine/r im letzten Jahr verletzt) (65).
Belastung & Beanspruchung
Im Contest wird nach Worldskate-Regularien (66) für die Untergründe von Wettkampfstätten primär auf harten Betonoberflächen geskatet, Obstacle-Kanten bestehen ebenfalls aus Beton oder Metall. Insbesondere bei Indoor-Trainingsstätten kann auch Holz als (etwas weicherer) Untergrund verwendet werden. Wandhöhen von unter 1,80m am flachen Ende bis über 2,40m im „Deep end“ und verschiedene Spezialfeatures stellen hohe Anforderungen an Park-Fahrer*innen, während kleinere Treppenabsätze bzw. „Gaps“ von unter 0,80m bis zu 1,20m – 1,60m und drüber hinaus in der „Big sections“ eine hohe Belastung für Street-Fahrer*innen darstellen. Nicht zuletzt stellt das Board eine permanent instabile Unterlage dar, somit kann Skateboarding durchaus als eine belastende Sportart eingestuft werden (67). Belastung allein ist jedoch keineswegs schlecht. Wie in allen Aktivitäten und Sportarten gilt, dass die Belastbarkeit des/r Einzelnen auf die Belastungen vorbereitet sein sollte.
Gesondert zu erwähnen sind hier Stürze. Sturzraten im Contest-Skaten liegen in der Park-Disziplin fahren bei ~5%, in der Street-Disziplin während Runs bei ~36% und bei Best-Trick Versuchen bei ~27% (67). Selbige Sturzraten im Training liegen möglicherweise deutlich höher, besonders beim Erlernen neuer Tricks. Eine erste Contestanalyse der Street-WM 2019 ergab im Mittel 9 Tricks pro Run (3). Das entspricht einem Verhältnis hoher zu geringer Belastung von etwa 1:5 (alle 5s ein Trick, dazwischen Anfahrt auf Obstacle). Eine einzelne Aktion dauert dabei wenige Millisekunden bis Sekunden (1,19). Vergleichbare Untersuchungen in der Disziplin Park stehen noch aus. Das Verhältnis von Belastung zu Pause hängt im Contest von der Anzahl an Skater*innen ab.
Verletzungen & Überlastungen
Zur sportmedizinischen Literatur im Skateboarding muss zunächst erwähnt werden, dass die verwendeten Methodiken sehr heterogen sind. Viel basiert auf Krankenhausstatistiken, anderes auf retrospektiven Befragungen, wieder anderes auf Verletzungsregistern und die meisten Verletzungsreports beziehen sich auf Kinder (64,68,69). Auch muss erwähnt werden, dass Skater*innen nicht für jede Verletzung direkt ärztliche Hilfe suchen (65), demnach könnten die Verletzungsstatistiken eine Dunkelziffer nicht berücksichtigen, andererseits könnte das Bild der erfassten Verletzungen überproportional schwer sein, wenn kleinere, weniger schwerwiegende Verletzungen nicht erfasst werden. Die existierenden Untersuchungen beziehen sich jedoch nie speziell auf professionelle Skater*innen, noch werden tatsächliche Verletzungsmechanismen erfasst. An dieser Stelle muss ein Vorstoß der medizinischen Kommission von Worldskate und dem argentinischen Rollsportverband erwähnt werden, die einen ersten Ansatz zur einheitlichen Erfassung von Verletzungen im professionellen Skatebetrieb liefern (70). Auftretende Verletzungen reichen von Abschürfungen über Bänder-Zerrungen und Prellungen bzw. Quetschungen bis hin zu Luxationen („auskugeln“) und Knochenbrüchen (71). Besonders im Bereich der Bänder des Sprunggelenks scheinen Verletzungen wiederholt aufzutreten (65). Frauen erleiden potenziell mehr Gelenk- und Bandverletzungen, dafür weniger Quetschungen und Brüche (65).
Untere Extremität
In der Hüfte können Prellungen und Frakturen auftreten, in den Knien Bandverletzungen und Luxationen sowie Knorpel- und Meniskusverletzungen und im Bereich des Fußes und Sprunggelenks ebenfalls Frakturen, Luxationen und Bandverletzungen.
Insgesamt werden beim Skaten akute Verletzungen der unteren Extremität mit ~17 – 26% angegeben. Diese gehen von Schürf- und Platzwunden über Prellungen und andere Band- bzw. Gelenksverletzungen bis hin zu Frakturen (72). Interessanterweise scheinen Bänderzerrungen des Sprunggelenks häufiger in der Street-Disziplin aufzutreten, während Park-Fahrer*innen in der unteren Extremität häufiger an Hüftverletzungen zu leiden scheinen (71). Die klinische Historie einiger professioneller Skater*innen wurde in einer Studie mit erfasst und zeigte, dass Zerrungen, Quetschungen und Brüche besonders in Knien, der Großzehe und dem vorderen Band im oberen Sprunggelenk (Ligamentum talofibulare anterius) auftreten (7). Chronische bzw. Überlastungsverletzungen werden bisher nur unzureichend erfasst. Es lässt sich jedoch vermuten, dass wiederholte bzw. unzureichend therapierte Zerrungen der Bänder im Sprunggelenk zu Instabilitäten besonders im dominanten Fuß führen können.
Obere Extremität
Akute Verletzungen der oberen Extremitäten werden im Skaten mit 55 – 63% angegeben und reichen von Schürfwunden über Überstreckungen, Quetschungen und Verstauchungen bis hin zu Gelenksverletzungen, Brüchen und Nervenschädigungen (72). Brüche können im Handgelenk (besonders bei Bowl-Fahrer*innen), dem Unterarm mit Elle und Speiche und seltener auch im Oberarm und Schlüsselbein passieren (73). Nervenschädigungen involvieren demnach oftmals den Ulnarnerv. Durch Stürze auf ausgestreckte Arme kann es zudem zu Schulterverletzungen wie Luxationen kommen, die chronisch zu Instabilitäten führen können. Als Überlastungsverletzung ist an dieser Stelle der sog. „Skater-Ellenbogen“ hervorzuheben. Durch wiederholtes Stürzen auf den überstreckten Ellbogen kann es zu verschleißbedingten Veränderungen im Ellbogengelenk kommen.
Kopf
An Kopf und Hals können Prellungen, Wunden und Gehirnerschütterungen, Schädel- und Wirbelfrakturen bis hin zu inneren Verletzungen wie Hirnblutungen und Rückenmarksverletzungen auftreten (73). Kopf- & Nackenverletzungen werden in der vorhandenen Literatur mit 3,5 – 36% aller Skateboard-Verletzungen angegeben (69,72). Schädel-Hirn Traumata betreffen dabei in der Regel die vordere Hirnregion (71) und können im schlimmsten Fall zu kognitiven Beeinträchtigungen und Problemen der mentaler Gesundheit führen (74). Das Risiko für Kopfverletzungen ist bisher auch der einzige Bereich, der gesondert im Hinblick auf kompetitives Skaten untersucht wurde. In Videoanalysen wurden in der Disziplin Park Stürze in 5% der Runs erfasst, von denen knapp ein Viertel (~23%) potenziellen Schädel-Impact hatten. In der Street-Disziplin waren die Sturzraten in Full-Runs bei 362 Stürzen pro 1000 Runs, wovon ca. 1,5 potenziellen Schädel-Impact hatten. Bei Best-Trick Versuchen lagen die Sturzraten bei 274 Stürzen pro 1000 Tricks, wovon ca. 4 potenziellen Schädel-Impact hatten (67).
Rumpf & Wirbelsäule
Verletzungen des Rumpfs und der Wirbelsäule sind beim Skaten eher selten, können aber dennoch passieren. Prellungen und Frakturen betreffen hier Rippen und potenziell Wirbel, allerdings sind oftmals eher Organe wie die Nieren, Milz, Leber oder auch die Lunge betroffen (71, 72,73).
Ursachen & Mechanismen
Detaillierte, biomechanische Untersuchungen der Verletzungshergänge häufiger Skateboardverletzungen stehen noch aus. In Zukunft könnte die flächendeckende Verwendung des „professional skateboarding injury prevention survey“ von Worldskate und dem argentinischen Rollsportverband einen Beitrag dazu leisten, Verletzungsmechanismen detaillierter zu verstehen (70). Dieser kann in Zukunft auch genutzt werden, um die Verletzungen des Nationalkaders zu dokumentieren. So kann, selbstverständlich unter Wahrung des Datenschutzes, eine eigene, nationale Statistik geführt werden.
Bisher werden als Gründe für Verletzungen wenig überraschend Kollisionen, Stürze, Ermüdung bzw. Überbeanspruchung und Materialversagen angegeben (72). Verletzungen passieren häufig an Obstacles (65), was wenig verwunderlich ist, treten doch bei Bails an Hindernissen wie Downrails erhöhte Bodenreaktionskräfte auf (1). An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass – auch für erfahrene Skater*innen – bei nicht gestandenen Tricks das Skateboard als unberechenbarer Fremdkörper eine Gefahrenquelle darstellt. Landung und Abrollen kann bei Fehlversuchen ohne Board antizipiert werden, die Bewegungen des Boards jedoch kaum.
Verletzungen der oberen Extremitäten sind häufig eine Folge direkten Aufpralls, des Abfangens von Gleichgewichtsverlusten mit ausgestreckten Armen (Fallen nach hinten - „Mr. Wilson“, Abb. 20; Stürzen nach vorn: Gesicht schützen) oder von Stürzen auf ausgestreckte Finger (73).
Quetschungen bzw. Prellungen und Knochenbrüche resultieren aus direktem Aufprallen und den damit einhergehenden hohen Bodenreaktionskräften, gerade bei Bails (1). Im Knie kann es dadurch auch zu Knorpelschäden und Verletzungen des hinteren Kreuzbands kommen. Stauchungen der Länge nach führen potenziell zu Frakturen des Hüft- oder Schienbeinkopfes, der Fußwurzel und des Fersenbeins. Ursächlich für Verletzungen der Bänder im oberen Sprunggelenk sind meist Supinations- bzw. Inversionstraumata – also „umknicken“. Verdrehungen allgemein können zu Bandverletzungen in Knie und Sprunggelenk bis hin zum auskugeln führen, sowie zu Knorpel- und Meniskusverletzungen (73).
Bezüglich Kopfverletzungen, besonders Schädel-Hirn Traumata, können Stürze auf den Hinterkopf potenziell die vordere Hirnregion schädigen (71). Schädel- oder Wirbelfrakturen können aus Stürzen „über Kopf“ resultieren, während Platzwunden, Gehirnerschütterungen, Hirnblutungen und Schädelbasisfrakturen aus seitlichen Aufschlägen bei Bails wie „Mr. Wilson“ oder Boardverlusten bei boardside Tricks resultieren können. Verletzungen im Rumpfbereich drohen bei Landungen auf Gesäß oder auch nach direktem Aufprall auf Flächen oder Kanten (73).
Wiederholte Bandverletzungen im Sprunggelenk können zu chronischer Instabilität im Sprunggelenk führen (7,75,76,77,78). Durch wiederholte Stürze auf den ausgestreckten Arm und dadurch potenziell regelmäßigen Luxationen, also „auskugeln“, kann es zu Instabilitäten und Streckdefiziten bis hin zu Nervenschädigungen im Ellbogen kommen (71,79,80). Schulterverletzungen wie Luxationen können ebenfalls zu langfristigen Instabilitäten im Schultergelenk führen (81).
Prävention
Die hohen Bodenreaktionskräfte werden zum Teil vom Board bereits um circa ein Drittel reduziert. Da die dämpfenden Effekte des Boards bei Bails meist nicht ausgenützt werden können, können spezielle Skateschuhe die Impacts weiter reduzieren (1,18,19,82). Das Erlernen einer breitbandigen Fallschule, sowie systematisches und progressives Ausbauen der Skatespezifischen Skills sind weitere, wichtige Bausteine in der Prävention schwerer Verletzungen (68,83). Ein Aufwärmen vor der Session ist ebenso hilfreich wie ein aufbauend auf den beschriebenen konditionellen Anforderungen der Sportart und den beschriebenen Verletzungen begleitendes Training zur Stärkung von Knochen und Gelenken, Sehnen, Bändern und Muskulatur. Dazu gehört ebenfalls das Trainieren von Muskel- und Sehnenreflexen (bspw. durch Sprungtraining) (24,83,84). An dieser Stelle sei auch darauf hingewiesen, dass Schutzkleidung wie Handgelenk-, Knie-, und Ellbogenschoner helfen können, schwerere Verletzungen zu vermeiden (68,72,85,86). Schäden, die aus Schädel-Hirn Traumata resultieren (71) können durch Skate-Helme gemindert werden (67,68,72); außerdem könnte ein Kräftigen der Nackenmuskulatur nützlich sein, Gehirnerschütterungen vorzubeugen (87,88). Chronischer Instabilität im Sprunggelenk, Schulter und Ellbogen nach Verletzungen kann mit entsprechendem Training vorgebeugt werden (76,77,78,79,80,81).
Eine entsprechende Checkliste zur Verletzungsprävention im Skateboarding findet sich anbei.
Einflussfaktoren für erfolgreiche Contests
Der/die Athlet*in ist in der Lage, auch technisch sehr anspruchsvolle Tricks mit einer gewissen Konstanz auszuüben. Das bedeutet in der Disziplin Street Flip und Grind/Slide Kombinationen, eine hohe Variabilität von Fußstellungen (Switch, Nollie, Fakie) und Tricks an unterschiedlichen, idealerweise allen vorhandenen Obstacles. Für die Park-Disziplin bedeutet das, ein breites Spektrum an Airs, Ollies, Grinds/Slides und Fliptricks sowie Rotationen über 180 Grad, welche gezielt eingesetzt und vielfältig an den gegebenen Obstacles mit einer soliden Durchgängigkeit ausgeführt werden. Weiterhin ist die Fähigkeit wichtig, strategisch ausgefeilte Runs mit den eigenen besten Tricks zusammenzustellen, die sich wiederum auf wechselnde Skateparks adaptieren lassen. Ein Bewusstsein für die Tricks, die es dem/der Athlet*in ermöglichen, mit diesem Run eine hohe Punktewertung zu erreichen ist vorhanden. Mentale Stärke, um auch in Stresssituationen den Fokus zu bewahren und die Fähigkeit mentale Übungen wirksam umzusetzen, sind bei dem/der Athlet*in zu finden. Eine Fitness im Top-Bereich ist Voraussetzung, um eine straffe Contestsaison ohne Verletzung und größere Einbrüche der Leistung zu überstehen.
Literatur
2. IAT. Weltstand analysieren: Institut für Angewandte Trainingswissenschaft; [cited 2022 01.02.]. Available from: https://www.iat.uni-leipzig.de/forschung/weltstandsanalyse.
3. Noth N. Weltstandsanalyse im Skateboarding - Konzeptionelle Überlegungen und erste Ergebnisse. 2020.
4. Suhari D, Holzmüller M, Kuhn H-J, Ali B. JUDGE MANUAL GERMANY. In: Deutschland S, editor. 2020.
14. Grosser M, Renner T. Schnelligkeitstraining: BLV-Buchverl.; 2007.
43. Hunt IK. Selected metabolic responses to skateboarding 2004.
44. Alter MJ. Science of flexibility: Human Kinetics; 2004.
45. Saal JA. Rehabilitation of sports injuries: Hanley & Belfus; 1987.
66. FACILITY CERTIFICATION RULES - SKATEPARKS, (2021).
73. Hochrein A. Skateboard-spezifische Verletzungen - Behandlung und Prävention. Munich2021.
89. Eberspächer H. Mentales Training: Das Handbuch für Trainer und Sportler: Copress Sport; 2012.
90. Long Term Athlete Development: BMX: Canadian Cycling Association; 2010.
Literatur - Update: Kapitel "Kognition"
Erhorn, J., Meyer, R., & Schmidt, T. (2022). "Dann fährst du halt nochmal los und machst halt eine spezielle Sache mal fokussierter" - Generierung eines Prozessmodells des Bewegungslernens beim Park-Skaten. Forum Kinder- und Jugendsport, 3. https://doi.org/10.1007/s43594-022-00064-x