Unsere Werte
Vorwort
Diese leistungssportliche Rahmentrainingskonzeption ist die erste, die für die Sportart Skateboarding in Deutschland verfasst wurde. Leistungssportliches Training, wie man es aus anderen olympischen Disziplinen kennt, befindet sich in der Sportart in Deutschland – und vermutlich auch weltweit – in den Anfängen. Sowohl leistungssportliches Training als auch die Funktion des/r Skateboard-Trainer*innen im Leistungssport wurden erstmalig im Jahr 2017 mit dem Beginn der Förderung als olympische Disziplin durch den DOSB in die Praxis umgesetzt. Bis dato existieren kaum wissenschaftliche Arbeiten und Untersuchungen im leistungssportlichen Bereich. Einige Angaben, Inhalte und Empfehlungen in dieser Konzeption basieren deshalb auf Überlegungen und Ableitungen aus anderen artverwandten und technisch-kompositorischen Sportarten, sind zum Teil theoretischer Natur und müssen nun nach und nach in der Praxis erprobt und bewertet werden. So wird sich diese Konzeption in den nächsten Jahren fortwährend neu schreiben.
Dieser Rahmentrainingsplan skizziert ein mögliches idealtypisches Konzept für die langfristige Leistungsentwicklung eines Skateboarders/ einer Skateboarderin vom frühen Kindesalter bis zur Weltspitze. Es erhebt dabei mangels notwendiger langfristiger Erprobung in der Praxis aber keinerlei Anspruch auf Alleingültigkeit oder Vollständigkeit. Grundsätzlich ist bei der Trainingsarbeit immer auf die individuelle Situation bzw. den individuellen Athleten/ die Athletin und seine/ ihre biologische Entwicklung zu achten. Die Empfehlungen dieser Konzeption können dabei immer nur grobe Richtlinien sein.
Besonders im Bereich der spezifischen Trainingsinhalte und Zielwerte für leistungsrelevante Parameter gilt es dieses Konzept zu ergänzen und fortzuschreiben. Zu einem späteren Zeitpunkt, ist zu prüfen, ob die Erstellung separater Rahmentrainingspläne für die Disziplinen Street und Park zielführend ist. Zur Evaluation sollen auch Expert*innenbefragungen als „Best-Practice“ Modelle durchgeführt werden.
Die Struktur dieses Rahmentrainingsplans wurde an die Rahmentrainingskonzeption Snowboard Freestyle angelehnt, da diese eine bereits lange olympische Disziplin mit teilweise inhaltlicher Nähe zum Skateboarding ist. Ähnlichkeiten in Begrifflichkeiten und Formulierungen sind daher nicht auszuschließen.
Stellenwert Rahmentrainingskonzeption
Dieses Rahmentrainingskonzept soll erläutern, wie sich Skateboarder*innen in Deutschland in einem Verband von ihren Anfängen bis zu einer Olympia-Teilnahme entwickeln können.
In erster Linie muss erklärt werden, auf welcher Grundlage Skateboarding als Sport funktioniert, wie Talente dort entdeckt und in einer Richtung gefördert werden können, die auf eine leistungssportliche Karriere abzielt. Es ist wichtig, dass Skateboarding in diesem Kontext zwar als Sport ausgeübt wird, aber persönliche Entwicklung in Style, Individualität und weiteren soziokulturellen Aspekten des Skateboardings einen besonderen Stellenwert einnimmt – und dass die leistungssportlichen Ansätze, wie das Skaten selbst, aus eigener Ambition angegangen werden.
In einer Sportart wie Skateboarding, die zu den technisch-akrobatischen Sportarten zählt, werden sportliche Grundlagen zu Bewegungsabläufen, Koordination, Gleichgewicht und Körpergefühl erlernt, athletische Aspekte ebenso wie Explosiv- und Sprungkraft und Schnelligkeit entwickelt. Zudem ist Skateboarding eine sehr integrative Sportart, welche offen für alle & jede/n ist, die frei und ohne Trainer*innen erlernt werden kann. Die Beobachtung von Gleichgesinnten und Vorbildern nimmt eine zentrale Rolle ein. Es entwickeln sich Freundschaften und als Skateboarder*in ist man Teil einer großen sowie eng verknüpften Community – auch dieser Aspekt wird beim Training, bei der Förderung von jungen Talenten bzw. auch zu einem späteren Zeitpunkt besonders berücksichtigt. Die Förderung von Skateboarder*innen zielt darauf ab, langfristig motivierte und aktive Sportler*innen zu entwickeln, von denen einige den Sprung zum/r exzellenten Leistungssportler*in schaffen werden, aber auch einige den Sport aus Spaß betreiben. In diesem Kontext bezieht sich Leistungssport besonders auf den kompetitiven Teil von Skateboarding – also dem Fahren von Contests mit leistungsorientierten Ambitionen.
Letztere können aber im Team als starke Motivatoren und Mentoren dienen sowie der Szene und ihren Strukturen einen Mehrwert bieten. Passionierte Skateboarder*innen werden in allen Bereichen benötigt, weshalb eine ganzheitliche Förderung nötig ist.
Es werden im Folgenden ausgewählte Aspekte des Skateboardings beschrieben, die Entstehung, Disziplinen, Anforderungen bezogen auf Körper und Psyche, aber auch konkret in den Wettkämpfen, Förder- und Trainingsmöglichkeiten und ein klarer Werdegang von der Talententdeckung bis zu potenziellen Olympiakandidat*innen. Die inhaltliche Gestaltung der Etappen des langfristigen zielgerichteten Trainings orientiert sich an den Anforderungen für die einzelnen Trainingsetappen und bis hin zu den Anforderungen des Olympiakaders. Diese setzen sich aus den Judgingkriterien und den athletischen sowie mentalen Anforderungen zusammen. Ein Training, das auf diese Ebenen abzielt, durchläuft auch die anderen Stufen des Anforderungsprofils.
Es ist wichtig zu beachten, dass junge Athlet*innen im selben biologischen Alter starke Unterschiede in ihrer Entwicklung, der Fähigkeit neue Skills zu erlernen und ihrer emotionalen Bereitschaft für Wettkämpfe aufzeigen. Um den Spaß am Skaten aufrecht zu erhalten, soll Motivation gefördert werden, ohne in Übermut umzuschlagen und Selbstvertrauen soll so weit gefestigt werden, dass es nicht in ein Überschätzen der eigenen Fähigkeiten umschlägt. Teilnahme an Contests soll ermöglicht werden, ohne zu früh zu intensiv einzusteigen. Somit sollte jede*r Athlet*in ein passendes Programm zu ihrer/ seiner individuellen Entwicklungsstufe angeboten bekommen. Hier spielen die mentalen Aspekte, die unter dem Punkt „Psychische Anforderungen“ aufgeführt sind, eine besonders wichtige Rolle und sollten entsprechend und passend zu jeder Leistungsstufe ins Training integriert werden.
Das hier gezeigte Modell hat Stufen, die eine*n Fahrer*in von den Anfängen auf einem Skateboard bis hin zu einem passionierten lebenslangen Skateboarder*in durchläuft. Nicht alle durchlaufen die Stufen der Exzellenz; wenn die Basics in jungen Jahren erlernt wurden, ist ein Übergang zu der „Skater for Life“ Stufe jederzeit möglich. Die aktive lebenslange Teilnahme an dem Sport ist genauso wichtig, wie ein kompetitiver Erfolg.
Sportliche und strukturelle Zielsetzungen des DRIV
Unser Ziel ist es nicht ausschließlich, dass deutsche Skateboarder*innen auf internationalem Niveau Medaillen gewinnen, sondern sicher zu gehen, dass jede*r Athlet*in Teil von Skateboarding ist und dies mit Leidenschaft ausübt – sowohl in organisierten Vereins- und Verbandsstrukturen, als auch im selbst organisierten Rahmen. Das bedeutet die Integration von formellem Training ebenso wie die von informellem Skaten. Training kann ebenso im Verein, mit Trainer oder selbstständig durchgeführt werden, wie auch zur Selbstverwirklichung mit kulturellem Hintergrund. Die Sportler*innen sollen zu einem aktiven und gesunden Lebensstil motiviert werden. Zudem werden zu jedem Zeitpunkt die individuellen Ziele jedes/r Skater*in berücksichtigt, sowohl sportlich als auch persönlich.
Durch die Einführung einer Trainingsstruktur soll eine Hilfestellung zur Athlet*innenentwicklung gegeben werden, ebenso wie Orientierungshilfen zu Trainingsinhalten für verschiedene Alters- bzw. Könnensstufen. Zukünftig sollen Zielwettkämpfe und -platzierungen für die Kadernominierung festgelegt werden. So soll ein möglichst hoher Standard in der Kaderbesetzung erreicht und transparente Bedingungen geschaffen werden.
Die Nachwuchsentwicklung und -förderung nimmt im aktuellen Olympiazyklus eine zentrale Rolle ein. Die Maßgaben und Anleitungen zur effektiven Talentförderung und breiten Nachwuchssuche im Nachwuchsleistungssportkonzept „Rise and Grind“ sollen umgesetzt und weiterentwickelt werden, um so eine langfristige Athlet*innenentwicklung zu ermöglichen. Das bedeutet die Einbindung von weiteren Vereinen in die leistungssportliche Struktur, einrichten erster Landesstützpunkte und Autonomisierung des Trainings durch Landestrainer*innen, sowie die Verstärkung und Ausweitung der Regionaltrainer*innentätigkeiten.